Landwirtschaft & Ernährung
Anbau von Erbsen und Bohnen
Leguminosen wie Sojabohnen und Kichererbsen sind die Antwort auf dringende Fragen: Ihr hoher Proteingehalt bedient die Nachfrage auf einem wachsenden Markt für vegane und vegetarische Lebensmittel. Und ihre biologischen Eigenschaften machen sie zu attraktiven Zwischenfrüchten für eine klimaresilientere Landwirtschaft. Deshalb testet die BayWa in einem Pilotprojekt neue Sorten für den regionalen Anbau.
Pilotprojekt: Bohnen- und Erbsensorten in der Landwirtschaft
Landwirt Philip Vogel probiert auf seinem Feld etwas Neues aus: Mungobohnen. Es ist einer der ersten Feldversuche in Deutschland für die aus Asien stammende Kultur. Einige Kilometer weiter testen die Landwirte Jens Mattern und Marius Bischoff den Anbau neuer Erbsensorten des FoodTech-Unternehmens Equinom aus Israel.
Die Feldversuche finden im Rahmen eines Pilotprojekts statt. Ziel ist herauszufinden, welche Bohnen und Erbsensorten sich für die regionale Landwirtschaft und Lebensmittelverarbeitung am besten eignen. Denn Erbsen an sich sind nicht neu. Futtererbsen gibt es in Deutschland schon lange. Neu ist die zunehmende Vielfalt der Sorten für den menschlichen Verzehr, mit Fokus auf einen höheren Proteinertrag.
Ihr hoher Proteingehalt macht Leguminosen zu einer guten Grundlage für viele Lebensmittel. Unternehmen wie Greenforce gewinnen das Protein aus der Erbse und verarbeiten es in ihren Produkten. Meist sind das Fleischersatzprodukte, aber auch in Ei- oder Milchalternativen finden Erbsenproteine Anklang.
Marktlage: Lohnt sich der Anbau von Erbsen für Landwirtschaft und Lebensmittelindustrie?
Sowohl die Nachfrage als auch die Vielfalt von Produkten aus alternativen Proteinquellen steigt. Unternehmen produzierten 2023 16,6 % mehr davon als im Vorjahr (Statistisches Bundesamt, Stand Mai 2024). Vor etwa zehn Jahren fand höchstens Tofu und die erste vegane Wurst ihren Weg ins Spezialitätenregal. Heute gibt es sogar Tofu auf Kichererbsen-Basis oder Tempeh aus schwarzen Bohnen im Supermarkt.
Für Verbraucher zählt aber nicht nur der Geschmack. Sie legen Wert auf Regionalität. Unternehmen wie Greenforce, die für ihre Produkte hauptsächlich auf Erbsenprotein setzen, möchten deshalb stärker auf Erbsen aus regionalem Anbau zurückgreifen.
Die BayWa als Bindeglied zwischen Landwirtschaft und Verarbeitung
Um den wachsenden Bedarf nach alternativen Proteinen aus regionalem Anbau zu decken, müssen nicht nur die Anbaumengen, sondern auch die Verarbeitungs- und Handelsstrukturen ausgebaut werden. Mit ihrer Geschäftseinheit New Protein Solutions plant die BayWa entlang der Wertschöpfungskette:
Phase 1: Kundenorientierte Vorauswahl.
Die Expertinnen und Experten der New Protein Solutions suchen Kulturen, die sich bestmöglich für den regionalen Anbau und die Weiterverarbeitung zu fleischlosen Lebensmitteln eignen. Zunächst testen sie die ausgewählten Sorten auf kleiner Fläche im BayWa-Versuchsstandort in Gründl. Sie wollen beispielsweise wissen, wie sich die Sorten unter regionalen Witterungsverhältnissen entwickeln, welchen Proteingehalt sie erreichen und wie sie sich in der späteren Verarbeitung zu Lebensmitteln verhalten.
Phase 2: Vertragsanbau und Feldversuch.
Die ausgewählten Kulturen gehen in den Vertragsanbau. Landwirtinnen und Landwirte stellen einige Hektar ihrer Fläche für den Feldversuch zur Verfügung. Beim Anbau der Erbsen erhalten sie fachliche Unterstützung von der BayWa.
Phase 3: Qualitätsprüfung.
Nach der Ernte und einer kurzen Lagerung in den BayWa-Silos prüft New Protein Solutions gemeinsam mit ihren Partnern aus der Verarbeitung die Qualität der Erbsen. Anschließend geht es auf kurzem Transportweg direkt in die Verarbeitung.
Phase 4: Verarbeitung.
Zunächst kommt klassische Müllereichtechnologie zum Einsatz. Die Erbsen werden geschält, gemahlen und gesiebt. Anschließend wird die Konzentration des Erbsenproteins erhöht und wird dann in einem Extrusionsprozess weiterverarbeitet. Es entsteht ein Texturat, welches als Grundrohstoff für die jeweiligen Lebensmittelrezepturen dient.
Die Erbse als Chance für eine klimaresiliente Landwirtschaft
Bohnen und Erbsen gehören zur Gruppe der Leguminosen. Neben ihrem Proteingehalt haben sie noch eine weitere wertvolle Eigenschaft. Und die liegt unter der Erde an den Wurzeln: Die sogenannten Knöllchenbakterien können Stickstoff binden.
Weniger Stickstoffdünger beim Anbau von Erbsen
Stickstoff ist einer der wichtigsten Bodennährstoffe. Pflanzen brauchen ihn, um zu wachsen und sich zu vermehren. Normalerweise geben Landwirte Stickstoff hinzu, in Form von Dünger. Denn obwohl Stickstoff in der Luft verfügbar ist, können Pflanzen diesen nicht direkt aufnehmen. Er muss erst umgewandelt werden.
Genau diese Aufgabe übernehmen die Knöllchenbakterien. Sie enthalten ein Enzym, das den Stickstoff bindet und in Ammonium und Ammoniak umwandelt. Mit anderen Worten: Knöllchenbakterien bringen den Stickstoff in eine pflanzenverfügbare Form.
Stickstoff, den die Pflanze nicht benötigt, lässt sie im Boden und verbessert so die Bodenfruchtbarkeit. Im Boden steht er dann der nächsten Frucht, die der Landwirt anbaut, als Dünger zur Verfügung. Das macht Leguminosen zu praktischen Zwischenfrüchten in der Fruchtfolge des Landwirts.
Klimaresilienz: Welche Sorten halten Extremwetter stand?
Trockenheit und Hitze, Starkregen und Überschwemmungen – die Landwirtschaft muss sich auf häufigere Extremwetterlagen einstellen. Der Boden ist eine wichtige Stellschraube dafür, beispielsweise durch Humusaufbau. Je nach Bodenart kann Humus das Drei- bis Fünffache seines Eigengewichts an Wasser speichern (Lehrbuch der Bodenkunde, Scheffbuch/Schachtschabel).
Eine andere Stellschraube ist die Auswahl der Kulturen selbst. Welche Pflanzen halten Extremwetter wie Hitze und Trockenheit besser aus? Auch hier punkten Leguminosen. Die Kunst besteht darin, Sorten zu finden, die klimaresilient sind und sich in der Vermarktung lohnen. Das zeigt ein Blick auf die Beispiele aus dem Pilotprojekt:
Die Equinom-Erbse
Bei der Equinom-Erbse handelt es sich um eine Erbsensorte des gleichnamigen israelischen Züchters. Sie wurde auf natürlichem Weg zu einem besonders hohen Proteingehalt hin gezüchtet. Das ist wichtig für die Lebensmittelproduktion, denn: Je höher der Proteingehalt, desto geringer der Aufwand in der Verarbeitung und desto höher die Anzahl an veganen Lebensmitteln, die daraus entstehen.
Die im Pilotprojekt getestete Equinom-Erbse hat einen Proteingehalt von gut 30 %. Zum Vergleich: Klassische Futtererbsen wie die Sorte Astronaute, kommen auf 22 bis 25 %. Im Anbau unterscheiden sich Equinom- und Futtererbse hingegen nicht.
Wichtig im Erbsenanbau ist ein gutes Schädlingsmanagement. Ohne dies ist sie anfällig für den Erbsenwickler. Der Falter legt zur Blütezeit Eier an der Pflanze ab. Sobald die Larven schlüpfen, fressen sie die Erbsen in der Hülse. Mit entsprechenden Pflanzenschutzmaßnahmen oder einer veränderten Fruchtfolge lässt sich das verhindern.
Die Mungobohne
Mungobohnen kommen aus Asien. Sie werden hauptsächlich in Indien angebaut. Es handelt sich um eine sehr wärmeliebende Kultur. Das heißt, sie kommt auch mit höheren Temperaturen und längerer Trockenheit gut zurecht.
Das ist aber nicht der einzige Grund, warum die Expertinnen der New Protein Solutions sie für einen Feldversuch ausgewählt haben. Die Mungobohne hat auch lebensmitteltechnologische Vorteile, die sie für den deutschen Markt attraktiv machen:
- Das ausgewogene Aminosäureprofil und die
- gute Gel-Bildungsfähigkeit sind gut für die Weiterverarbeitung zu veganen Lebensmitteln.
- Außerdem hat die Mungobohne einen geringen Eigengeschmack und kann deshalb vielseitig in der Nahrungsmittelproduktion eingesetzt werden.
Für eine bestimmte Sorte haben sich die Profis noch nicht entschieden. Gemeinsam mit dem fränkischen Landwirt Philipp Vogel testen sie zuerst auf einem Hektar, ob die Mungobohne überhaupt gut in Deutschland gedeiht. Ist das der Fall, werden im zweiten Schritt verschiedene Sorten auf ihre Eigenschaften getestet, beispielsweise auf ihren Proteingehalt oder ihr Verhalten in der Verarbeitung (Schälung, Vermahlung etc.).