Solarprojekte ökologisch und ökonomisch klug gestalten
Menschen der BayWa
Von Damaskus nach Dresden: Der Karriereweg der Öko-Ingenieurin Dr. Nora Adam ist so vielseitig wie ihre Forschung. Zuletzt arbeitete sie für die Vereinten Nationen. Heute sorgt sie dafür, dass die ökologischen und ökonomischen Aspekte der Solarprojekte der BayWa r.e. Solar Projects GmbH in Einklang stehen. Wie ihr das gelingt, erklärt sie im Interview.
Frau Dr. Adam, was genau machen Sie bei der BayWa r.e Solar Projects GmbH?
Dr. Nora Adam: Ich beschäftige mich mit den ökologischen Aspekten unserer Solarprojekte. Ich untersuche, wo sich auf ökologischer Ebene – Boden, Biomasse, Biodiversität, Wasser, Luft – wirtschaftliche Risiken möglichst vermeiden oder minimieren lassen. Aus diesen Erkenntnissen leiten wir Standards ab, die in ein Handbuch einfließen. Die BayWa r.e kann dann bei anderen Projekten darauf zurückgreifen, damit das Rad beim nächsten Mal nicht neu erfunden werden muss. Es geht im Kern immer darum, ökologische und ökonomische Aspekte in Einklang zu bringen.
Wie können wir uns Ihren Job in der Praxis vorstellen?
Nehmen wir Südspanien, wo wir gerade eine PV-Anlage projektieren. Es handelt sich um eine Region, die große Probleme mit Bodenerosion hat. Bei starkem Regen lösen sich in kurzer Zeit Bodenpartikel ab, ein Standplatz kann dadurch absacken oder einbrechen. Wie ist auf einer solchen Fläche ein langfristiger Betrieb möglich? Wie können wir das Risiko der Bodenerosion in den Griff bekommen und somit später drohende Reparaturkosten abwenden? Das herauszufinden ist meine Aufgabe. Projektentwickler, Investoren, aber auch die BayWa r.e als Betreiberin bekommen dadurch eine Sicherheit, dass die geplante Anlage zuverlässig und wirtschaftlich laufen wird.
Wie stellen Sie fest, ob ein Boden eine PV-Anlage aushält?
Zum einen recherchiere ich viel, etwa in Forschungsarbeiten, zum anderen führen wir eigene Versuche und Tests vor Ort durch. Für das Projekt in Spanien arbeite ich eng mit BayWa Agrar und der ehemaligen BayWa-Tochter Farm Facts zusammen. BayWa Agrar berät mich in pflanzenbaulichen Fragen: Es geht darum, für die Bodenvorbereitung und später für den Park die am besten geeignete Vegetation zu finden. Farm Facts steuert unter anderem die Bodenanalysen bei. Auf Basis unserer Ergebnisse definieren wir dann die konkreten Maßnahmen für die Bodenbearbeitung und die Bepflanzung. Das Schöne ist, der Boden kann sich damit über die dreißig Jahre, die so eine Anlage normalerweise läuft, kontinuierlich verbessern. Es ist doch toll, wenn die Experten im eigenen Konzern sitzen!
Die gleichzeitige Verbesserung des Bodens kommt sicher auch in der Bevölkerung gut an, oder?
Wir gehen sogar noch einen Schritt weiter. Wenn BayWa r.e schon grünen Strom produziert, dann kann sie auf ihren Flächen doch auch gleich die Bio-Diversität, das Wasser, die Luft verbessern! Denken Sie etwa an die freischwimmenden Floating-PV-Anlagen. Wenn sie sorgfältig geplant und betrieben werden, haben sie das Potenzial, die Wasserverdunstung einzudämmen und die biologische Vielfalt im Wasser zu steigern.
Ein weiterer wichtiger Teil meiner Arbeit ist die Agri-PV. Hier entwickeln wir Standards, um die duale Nutzung der Flächen für die Agrar- und Energieproduktion weiter zu verbessern. Dazu tauschen wir uns regelmäßig mit den Kolleginnen und Kollegen der BayWa AG aus und profitieren von deren Expertise, etwa in den Bereichen Pflanzen- und Tierproduktion, Bewässerungssysteme und Agrartechnik.
Wie sind Sie zur BayWa r.e gekommen?
Ich stand 2023 noch bei der Universität der Vereinten Nationen in Dresden unter Vertrag. Ich verspürte aber mehr und mehr den Wunsch nach einer Aufgabe, bei der ich Energiethemen und Business verbinden kann. Das Stellenangebot der BayWa r.e Solar Projects schlug mir die Social-Media-Plattform LinkedIn vor.
Was waren Ihre ersten Stationen in Deutschland?
Ich hatte bereits zwei Jahre Studium in Damaskus hinter mir und kam mit 19 Jahren im Rahmen eines Praktikums erstmals nach Deutschland. Ich arbeitete drei Monate auf einem Biohof nahe Dachau. Dort konnte ich überall mit anpacken und hatte Familienanschluss. Das hat mir großen Spaß gemacht.
Neun Monate später kehrte ich mit einem Stipendium erneut zurück nach Deutschland und studierte in Freiburg Forstwissenschaften bis zum Diplom. Danach war ich als Doktorandin am Max-Planck-Institut für chemische Ökologie in Jena beschäftigt und schloss dort meine Promotion ab. Es folgten verschiedene berufliche Stationen in Jena, Leipzig, Dresden und Freiburg.
Ein Forschungsauftrag des Max-Planck-Instituts führte mich auch zu einer Feldforschungsstation in die USA nach Utah. So ist das eben in der Forschung. Forschungsaufträge sind in der Regel zeitlich begrenzt, so dass man sich bald wieder nach neuen Beschäftigungsmöglichkeiten umsehen muss.
Auf welchem Forschungsgebiet waren Sie unterwegs?
Mein Hauptthema war die biologische Diversität. Sie sorgt dafür, dass Pflanzen robuster gegen Fressfeinde oder Wettereinflüsse sind. Nehmen Sie beispielsweise ein Tomatenfeld. Wenn jeder Tomatenstrauch nur auf Wachstum fokussiert ist, wird er äußeren Einflüssen nur schwer standhalten können.
Gibt es im Tomatenfeld aber auch Tomatenpflanzen, die mehr Stoffe zur Verteidigung in sich tragen, macht dies das gesamte Tomatenfeld diverser und damit resilienter. In meiner Forschung ging es darum, die optimale Mischung an Eigenschaften zu finden. Forschungsobjekt in Utah zum Beispiel war eine einheimische Tabakpflanze in den USA, übrigens nicht zum Konsum geeignet.
Sie haben zuletzt bei den Vereinten Nationen in Dresden gearbeitet. Haben Sie dort auch geforscht?
Ja, aber die Aufgabe war sehr viel breiter gefächert. Erstmals hatte ich Gelegenheit, mein Wissen auch in der Praxis einzusetzen. Die Universität der Vereinten Nationen in Dresden begleitet unter anderem den Braunkohleausstieg in der Lausitz.
Ich repräsentierte hier das zuständige Umwelt-Institut nach außen und managte die Zusammenarbeit der Akteure und Entscheider aus Industrie, Politik und Wirtschaft. Daneben verantwortete ich verschiedene Umweltprojekte und die Partnerschaftsstrategie, zudem übernahm ich die Supervision von Mitarbeitern, Beratern und Studenten. Damals kam ich erstmals beruflich mit dem Thema der erneuerbaren Energien in Berührung.
Was erwarten Sie nach diesem bewegten Forscherleben?
Nach den vielen Stationen in der Forschung schätze ich die Kontinuität bei BayWa r.e! Aber langweilig wird es deswegen bestimmt nicht. Dafür ist der Bereich der erneuerbaren Energien viel zu innovativ und dynamisch.