Seelische Gesundheit
Zu viel Bürokratie: Vier von fünf Landwirten beklagen Verwaltungslast
Die wichtigsten Erkenntnisse im Überblick
- 76 % der Befragten gaben an, dass die Arbeitsbelastung zwischen 2022 und 2024 zugenommen habe. Davon fanden 51 %, dass die Arbeit insgesamt komplizierter geworden sei. 36 % führten die höhere Arbeitsbelastung auf die allgemein größere Arbeitsmenge zurück.
- Die drei größten Belastungsfaktoren: Die Befragten empfanden zu 81 % die komplexe Bürokratie und Auflagen als starke oder sehr starke Belastung. 80 % der Befragten nannten die Agrarpolitik und Richtlinien als belastend, bei 57 % ist es der ständige Zeitdruck.
- Obwohl es einige bekannte Hilfsangebote gibt, nehmen viele Betroffene diese nicht in Anspruch und sprechen auch sonst kaum über die Belastung. Gleichzeitig ist der Wunsch nach einer besseren Sichtbarkeit des Problems groß.
- 66 % der Befragten berichten, dass sie ihre Arbeit mit Freude ausführen. 57 % sind überwiegend stolz auf ihre Arbeit.
Bürokratie und Agrarpolitik als zentrale Stressfaktoren
76 % der Befragten berichteten, dass ihre Arbeitsbelastung zwischen 2022 und 2024 gestiegen sei. Von diesen gaben 51 % an, dass ihre Arbeit insgesamt komplexer geworden sei. 36 % führten die erhöhte Arbeitsbelastung auf die höhere Arbeitsmenge zurück.
Aus den Umfragergebnissen lassen sich fünf zentrale Belastungsfaktoren ableiten. Als starke oder sehr starke Belastungen empfanden die Landwirtinnen und Landwirte:
- Komplexe Bürokratie / Auflagen (81%)
- Agrarpolitik / Richtlinien (80%)
- Zeitdruck (57%)
- Darstellung des Berufes in den Medien (56%)
- Hohe Arbeitsintensität / Viele Arbeitsstunden (50%)
Die immer komplexeren und sich ändernden Vorschriften stellen viele Landwirte vor große Schwierigkeiten und fordern ihre volle Aufmerksamkeit. Diese administrativen Aufgaben konkurrieren mit den täglichen Anforderungen auf dem Hof. Das erhöhe den Druck weiter.
Dennoch berichten 66 % der Befragten, dass sie ihre Arbeit mit Freude ausführen. 57 % sind überwiegend stolz auf ihre Arbeit. Dies ist ein Zeichen dafür, dass die Leidenschaft für die Landwirtschaft auch unter schwierigen Bedingungen erhalten bleibt.
Bewältigungsstrategien
Wie gehen die Landwirtinnen und Landwirte mit Stress oder Leistungsdruck um? 39 % der Befragten nennt hier Schlafen als zentralen Ausgleich. 36 % sehen als Ausgleich fern und 33 % treffen sich mit Freunden oder Familie. Doch nicht alle Bewältigungsstrategien sind gesund. 13 % der Umfrageteilnehmenden greifen zu Zigaretten oder Zigarren und 9 % zu Schmerzmitteln wie Aspirin und Ibuprofen.
Professionelle Hilfe: Kein Bedarf?
Ein weiteres zentrales Ergebnis der Umfrage der BayWa AG: Obwohl sich 52 % der Landwirtinnen und Landwirte mehr Sichtbarkeit für Psychische Gesundheit in der Landwirtschaft wünschen, sprechen viele das Thema in ihren Betrieben und Haushalten nicht ausreichend an.
Zwar würden sich laut Umfrage 53 % der Befragten mit psychischen Problemen zuerst an die Partnerin oder den Partner wenden und immerhin 7 % würden Verwandte ansprechen. Aber nur 30 % sprechen häufig oder sehr häufig mit ihren Familien über ihre mentale Verfassung. 70 % der Befragten bringen das Thema nur selten oder gar nicht in der Familie zur Sprache.
Noch weniger Umfrageteilnehmer thematisieren Psychische Gesundheit mit Freunden (17 %), Kollegen (12 %) oder Bekannten (7 %). Der Grund hierfür sei die Sorge vor Stigmatisierung oder das Gefühl, dass keine direkte Notwendigkeit bestehe.
Anforderungen an Hilfsangebote: Flexibel, persönlich, anonym
Die Umfrage der BayWa AG zeigt, dass Landwirte vor allem Wert auf Hilfsangebote legen, die flexibel, schnell erreichbar und möglichst anonym sind. Die am häufigsten genannten Wünsche an Unterstützungsangebote sind:
- Zeitliche Flexibilität (61 %)
- Persönliche Ansprache (47 %)
- Schnelle Erreichbarkeit (46 %)
- Anonymität (40 %)
Hilfsangebote für Betroffene
Hinweise zur Datenbasis
Die hier genannten Daten entstammen einer Online-Umfrage, die im Auftrag der BayWa AG vom Marktforschungsinstitut Agri-Experts unter Landwirtinnen und Landwirten durchgeführt wurde. Im Erhebungszeitraum 4. Mai bis 28. Mai 2024 nahmen insgesamt 567 Landwirtinnen und Landwirte aus Deutschland an der Umfrage teil.
Mit 31 % lebt die Mehrheit der Befragten in Bayern. 24 % der Befragten leben in den Bundesländern Bremen, Hamburg, Niedersachsen und Schleswig-Holstein. 13 % der Befragten stammen aus Baden-Württemberg.
63 % der Befragten sind Inhaber oder Mitinhaber eines Betriebes. Die Landwirtinnen und Landwirte bewirtschaften im Schnitt 80 Hektar. Das Durchschnittsalter der Befragten liegt bei 47 Jahren.
Der Tätigkeitsschwerpunkt liegt überwiegend im Ackerbau (78%), gefolgt von Futterbau (52%) und Sonderkulturen (9%).
Über die Hälfte der Teilnehmenden sind Inhaber bzw. Mitinhaber ihres Betriebes (63 %), gefolgt von Hofnachfolger (13 %), mitarbeitende Familienangehörige (8 %) sowie Geschäftsführer/Vorstandsvorsitzende (6 %).
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